Yoga kann doch jedes Kind…

...wenn es denn gern möchte.

Photo: Donnie Ray Jones | https://flic.kr/p/sMzV2D

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Es gibt für viele Menschen eine Menge Gründe die als Vorwand herangezogen werden Yoga nicht auszuprobieren– „Yoga ist mir viel zu akrobatisch“, „dafür bin ich zu unbeweglich“, „dafür bin ich zu dick“, „das ist doch nur was für Öko’s und Hippies und Frauen“, „das ist mir zu religiös“… wer will findet Wege, wer nicht will Ausreden!

Des Weiteren wird Yoga medial oft derart Klischeehaft transportiert, dass sich viele Menschen gar nicht zutrauen es auszuprobieren. Man sieht oft sehr schlanke Damen, mit akrobatischen Übungen am Strand, auf dem Steg eines Sees oder vor irgendeiner ähnlich idyllischen Kulisse.

Photo: https://pixabay.com/de/kopfstand-yoga-am-strand-2150147/

Photo: https://pixabay.com/de/kopfstand-yoga-am-strand-2150147/

Diese Art der Darstellung entspricht nicht ansatzweise dem Yoga das ich kennen und lieben gelernt habe. Und ich persönlich denke auch,  dass solche Darstellungen eher für Facebook oder Instagram Accounts gedacht sind. Sie dienen dem Zweck der Selbstdarstellung  bzw. der Darstellung einesweiteren Klischees – „Yoga macht schlank und schön“.

Vielleicht betrachtet man Yoga mal aus einem weniger spektakulären Blickwinkel und nimmt es einfach und vor allem als Zeit wahr,  die man damit verbringt achtsamer mit sich und seiner Umwelt umzugehen. Sich etwas zu gönnen und den eigenen Körper wieder zu spüren, mehr an die eigene Seele „anzuschirren“. Denn das bedeutet Yoga im eigentlichen wörtlichen Sinn.

Es geht nicht darum schlank zu werden um irgendwelchen surrealen Schönheitsidealen nachzueifern. Asanas (das sind die Haltungen bzw. Körperübungen die einen Aspekt des Yoga darstellen) in extremen Ausführungen sollten nicht das vorrangige Ziel sein. Es geht vielmehr darum einen Zugang und eine Verbindung zum eigenen Körper zu erlangen und damit schlussendlich auch einen Einblick in den Zustand des Körpers zu erhalten, welcher wiederum Rückschlüsse auf den Zustand der Psyche oder Seele (wie immer ihr es benennen möchtet) zulässt. Es geht weniger um eine Außendarstellung als um den Blick nach innen.

Es existieren mittlerweile unzählige Studien über die positive Wirkung des Yoga auf die Psyche, das Wohlbefinden und verschiedenste physische Aspekte. Diese sollen hier allerdings nicht zum x-ten mal zitiert werden. Etliche Boulevardblätter oder Apotheken Zeitschriften lassen keine Woche vergehen ohne darüber zu berichten.

Yoga ist kein Trend, auch wenn es gern als solcher dargestellt wird. Yoga wie die westliche Welt es kennt existiert seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Und die ersten Aufzeichnungen in Indien gehen auf das Jahr 700 v.C. zurück. Nach einem derart langen Zeitraum darf man vermuten das hier der Spruch „was gut ist setzt sich durch“ zutrifft.

Yoga ist eine Lebenseinstellung. Es ist vielseitig und jeder es der offen und neugierig ausprobiert wird einen Aspekt entdecken, in dem er sich vielleicht wieder findet oder sich einfach nur wohlfühlt. Und darum geht es doch letztendlich. Was sich gut anfühlt-  ist auch gut.

Jessica Lang

Keine halben Sachen - Eine Liebeserklärung an die Kniebeuge

Gesäß nach hinten schieben und langsam in die Knie gehen und dabei darauf achten, dass die Knie nicht über die Zehenspitzen hinaus ragen. Absenken bis auf Hüfthöhe und STOP (!) wieder zurück und aufrichten. Kommt euch bekannt vor? So wurde und wird leider noch häufig die Kniebeuge gelehrt und man sieht sie so leider massig in Fitnessstudios und im Netz. Doch was da gezeigt wird sind halbe, nennen wir es "Reha" Kniebeuge. Liegt keine Knieverletzung vor, machen halbe Kniebeuge genauso viel Sinn wie halbe Liegestütze oder eine Auto mit 2 Rädern...genau, keinen!

Aber tiefe Kniebeuge sind doch schlecht für meine Knie?

Ein Mythos der sich hartnäckig hält aber aufgrund der Studienlage und der Biomechanik des Körpers widerlegt werden kann. 

Abb. 1 : unlimitierte und limitierte Kniebeuge

Abb. 1 : unlimitierte und limitierte Kniebeuge

Doch widmen wir uns zuerst dem Thema, dass die Knie nicht über die Zehenspitzen hinaus ragen sollen. Eine Studie der University of Memphis (1) hat die Effekte der parallelen Kniebeuge auf Hüfte und Knie in 2 unterschiedlichen Ausführungsvarianten untersucht. Variante A (unlimitierte Kniebeuge): Kniebeuge mit nach vorn geschobenen Knien. Variante B(limitierte Kniebeuge): Die Knie konnten durch eine aufgestellte Holzplatte nicht über die Zehenspitzen hinaus geschoben werden (Abb 1.). 

Die Studie kam zu folgendem Ergebnis: Das Drehmoment (Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper) im Knie ist bei der unlimitierten Kniebeuge etwas höher als bei der limitierten Kniebeuge. Das Drehmoment in der Hüfte ist jedoch um mehr als das 10 fache höher als bei der unlimitierten Kniebeuge (vgl. Tab. 1).

Tab. 1.: Drehmoment in Knie- und Hüftgelenken bei unlimitierten (unrestricted) und limitierten (restricted) Kniebeugen

Tab. 1.: Drehmoment in Knie- und Hüftgelenken bei unlimitierten (unrestricted) und limitierten (restricted) Kniebeugen

Da die Knie bei der limitierten Kniebeuge nicht über die Zehenspitzen hinausragen, muss das Gesäß weiter nach hinten geschoben und der Oberkörper weiter nach vorn verlagert werden als bei der unlimitierten Kniebeuge. Dadurch entstehen größere Drehmomente in den Hüftgelenken und im unteren Rücken. 

Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Belastungen auf die Kreuzbänder (vorderes und hinteres Kreuzband) abnimmt, je tiefer die Kniebeuge ausgeführt wird (2). Je mehr das Knie gestreckt wird, desto größer wird die Spannung auf das vordere Kreuzband, bei 90 Grad Beugung ist die maximale Spannung auf dem hinteren Kreuzband. Der oft angesprochene retropatellare Druck (Druck hinter der Kniescheibe) ist ebenfalls bei 90 Grad Kniebeugung am Größten (3). Somit ist die Belastung auf die Kreuzbänder und der retropatelallare Druck im Bewegungsbereich der halben Kniebeuge am Größten!

Immer noch ein Fan der halben Kniebeuge?

Je tiefer die Kniebeuge ausgeführt wird, desto größer ist die Muskelaktivierung der Oberschenkelstrecker. Mit steigender Last und Tiefe der Kniebeuge wird auch die Aktivierung der Hüftstreckmuskulatur gesteigert (4).

Zusammenfassend lässt sich festhalten: die tiefe Kniebeuge ist der parallelen (halben) Kniebeuge in Bezug auf den Trainingsreiz überlegen. Die Muskelaktivierung wird erhöht, die posturale Kontrolle (Fähigkeit, den Körper im Gleichgewicht zu halten) trainiert und das Bewegungsausmaß (range of motion) verbessert. Voraussetzung hierfür ist wie immer eine korrekte Ausführung der Übung.

Also nutzt eure Trainingszeit effektiv und holt das Beste aus eurem Training raus! Sucht euch einen guten Trainer und erlernt die tiefe Kniebeuge! Du hattest oder hast eine Verletzung im Knie? Dann lass dir bitte nach Abklärung der Verletzung beim Arzt alternative Übungen von einem Physio- oder Sporttherapeuten zeigen.

Kniebeugen sind eine der effektivsten Übungen und werden deshalb oft als Königsübung bezeichnet. Also ran an die Hantel!

Viel Erfolg beim Training! 

 

Quellen:

(1) Fry, A. C., Smith, J. C., & Schilling, B. K. (2003). Effect of Knee Position on Hip and Knee Torques During the Barbell Squat. Journal of Strength and Conditioning Research, 17(4), 629-633.

(2) Sakane M, Fox RJ, et al. (1997, Mar). In situ forces in the anterior cruciate ligament and its bundles in response to anterior tibial loads. Journal of Orthopedic Research, 15(2), 285-293.

(3) Hartmann, H., Wirth, K., & Klusemann, M. (2013). Analysis of the load on the knee joint and vertebral column with changes in squatting depth and weight load. Sports Med, 43, 993-1008.

(4) Bryannton MA et al. (2012, Oct). Effect of squat depth and barbell load on relative muscular effort in squatting. The Journal of Strength and Conditioning Research, 26(10), 2820-8.